Nebeneinander - Eintrittspflichten von Privat- und Tierhalterhaftpflicht
Jedem Privatpferdebesitzer ist bekannt, dass es unabdingbar ist, eine Tierhalterhaftpflichtversicherung für sein Pferd zu besitzen. Diese Haftpflichtversicherung deckt Schäden und Ersatzansprüche Dritter ab, die durch das willkürliche Verhalten des Pferdes entstehen. Die rechtliche Anspruchsgrundlage ist in § 833 BGB enthalten, was heutzutage bei Pferdehaltern Allgemeinwissen darstellt. Es handelt sich um eine Anspruchsgrundlage, die kein Verschulden voraussetzt und deswegen auch als Gefährdungshaftung klassifiziert ist. Wie überall im Geschäftsleben ist jedoch auch im Bereich der Versicherungen das Augenmerk auf Ausschlüsse von der Versicherungspflicht im jeweiligen Versicherungsvertrag zu richten. Wer hat nicht bei allen möglichen Versicherungsbereichen zunächst geglaubt, schon hinreichend versichert zu sein, aber bei Meldung eines Schadenfalles feststellen müssen, dass die Versicherungsbedingungen vielfach „Hintertüren“ eröffnen, die letztlich zu einem Ausschluss der Haftung durch die Versicherungen führen. Begriffe wie Unterdeckung, Gefahrerhöhung und Ausschlusstatbestände in den Versicherungsbedingungen zeugen von diesem gern überlesenen, den Versicherungsnehmer aber jeweils im Schadenfall dann entgegengehaltenen Auswegen aus der Haftung. Beide Seiten wollen hier ihre jeweiligen Interessen aus eigener Sicht möglichst effektiv durchsetzen, so wie jede Vertragspartei im allgemeinen Geschäftsleben versucht, mit ihren Geschäftsbedingungen jeweils für sie selbst günstigste Position bei Vertragsabschlüssen zu erreichen und die Geschäftsbedingungen der gegnerischen Partei jeweils auszuschließen. Ein Beispiel ist etwa der Ausschluss in den Versicherungsbedingungen der Tierhalterhaftpflichtversicherungen in § 4 Abs. 1 Nr. 6a der Allgemeinen Haftpflichtbedingungen (AB). Dort ist beispielsweise ausgeführt, dass Schäden an fremden Sachen, die der Versicherungsnehmer gemietet, gepachtet oder geliehen hat oder die Gegenstand eines besonderen Verwahrungsvertrages sind, von der Haftpflicht ausgeschlossen sind. Dies betrifft die Fälle, wenn ein Pferd etwa in einem geliehenen Hänger transportiert wird und diesen beschädigt. Hier kommt dann oft die Überlegung, dass eine private Haftpflichtversicherung eingreifen könnte.
Die Privathaftpflichtversicherung deckt Schäden ab, wenn jemand schuldhaft das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines Anderen widerrechtlich verletzt (§ 823 BGB). Dieses Nebeneinander von Privathaftpflicht- und Tierhalterhaftpflichtversicherungen und die Folge daraus beleuchtet folgender Sachverhalt:
Der Fall
Die mitversicherte Tochter eines Pferdehalters, der bei unterschiedlichen Versicherungsunternehmen eine Privathaftpflicht und eine Tierhalterhaftpflicht abgeschlossen hat, hatte versehentlich die Stalltür eines Offenstalles offen gelassen. Dadurch war ihr Pony und andere Pferde aus dem Stall entwichen. Diese hatten einen schweren Verkehrsunfall verursacht mit Personen- und Sachschaden. Auch die entlaufenen Pferde wurden bei diesem Verkehrsunfall getötet. Die Unfallverletzten und die Eigentümerin der getöteten Pferde nahm nun die Tochter in Anspruch und es wurden auch gleichzeitig beide Versicherungen verklagt. Die Versicherungen wiederum beriefen sich darauf, dass sie nicht eintrittspflichtig seien, die Privathaftpflichtversicherung deshalb, weil der Schaden durch ein Tier verursacht worden sei, nämlich das Pferd des Versicherungsnehmers und deshalb die Tierhalterhaftpflichtversicherung eingreifen müsse; die Tierhalterhaftpflichtversicherung wieder berief sich darauf, dass der Schaden nicht entstanden wäre, wenn die Tochter nicht die Stalltüre offen gelassen hätte, somit ein Verschulden im Verhalten der Tochter des Pferdebesitzers liege. Die Haftpflichtversicherung, bei der die Tochter mitversichert war, verwies auf ihre Versicherungsbedingungen, wonach die Haftpflicht als Tierhalter und Tierhüter die ansonsten durchaus als Gefahr des täglichen Lebens versichert wäre, eng auszulegen ist und deshalb nicht jedwede Pflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Pferd abdeckt sondern nur Ansprüche, die den Versicherungsnehmer als Halter des Pferdes treffen. Die Eintrittspflicht der Tierhalterhaftpflichtversicherung entfällt damit ohne weiteres, wenn die Tochter nicht der Halter der Pferde war. Das zur Entscheidung berufene Gericht hat die Eintrittspflicht der Privathaftpflichtversicherung bejaht, weil der Schaden ursächlich durch das Nichtverschließen der Boxentür erfolgt ist. Dies hätte auch jedem anderen Besucher des Stalles passieren können.
Konsequenzen
Aus diesem Gemenge der Haftpflichtansprüche dieser beiden Versicherungsarten ist zu folgern, dass Privathaftpflicht und Tierhalterhaftpflicht immer bei demselben Versicherungsunternehmen abgeschlossen werden sollten. Die Tierhalterhaftpflicht bezieht sich, was übersehen wird, nicht auf alle Risiken in Zusammenhang mit dem Tier. Sie betrifft nur Risiken, die den Versicherungsnehmer treffen -und dabei auch nur solche Risiken, die mit der Eigenschaft als Halter oder Hüter des Tieres zusammenhängen, wie dies bei den Ansprüchen aus § 833 BGB der Fall ist. Ob auch schuldhaftes Verhalten (§ 823 BGB), das mit der Funktion als Halter zu tun hat, darüber hinaus als versicherte Haftpflicht des Tierhalters einzustufen ist, ist bisher in der Rechtsprechung nicht geklärt. Wegen der gebotenen engen Auslegung der Ausschlussklausel in der Privathaftpflichtversicherung, die ihrerseits aber auch für den Deckungsumfang in der Tierhalterhaftpflichtversicherung maßgeblich ist, spricht mehr dafür, den Ausschluss auf Ansprüche aus § 833 BGB zu begrenzen.
Stand: 23.05.2016